Mitunter werden Kinder mit dem Begleitsatz „Hast du heute was gelernt oder wieder nur gespielt?“ abgeholt.

Spiel ist Probehandeln, also nicht ernst. Heißt das denn nun, dass die Kinder „nur“ Spaß haben und erst dann lernen, wenn der „Ernst des Lebens“ in der Schule anfängt?

 

Nein! Das Kinderspiel bietet weit mehr als nur kindlichen Zeitvertreib. In jeder Spielsituation nutzen die Kinder ihre bereits gebauten Straßen und bauen neue Wege. Das können sie in Spielsituationen recht entspannt machen, da in der Regel keine ernsthaften Konsequenzen drohen.
* So verarbeiten Kinder im Rollenspiel Erfahrungen aus der realen Welt, z.B. Einkaufssituationen mit den Eltern und reflektieren sie im Spiel mit anderen Kindern.
* Sie schlüpfen in verschiedene Rollen und lernen so Perspektivübernahme: „Wie sieht etwas aus einer anderen Position aus?“.
* Sie lernen ihre eigene Meinung zu sagen, den anderen Kindern zuzuhören, sich durchzusetzen, nachzugeben und Kompromisse auszuhandeln.
* Kinder machen Erfahrungen mit Gruppenzugehörigkeit „Wir sind Freunde“
* und Ausgrenzung „Du bist nicht mehr mein Freund“.
* Sie lernen, dass jede Handlung auch Konsequenzen hat, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen.
* In Projekten lernen Kinder Zusammenarbeit kennen und auch arbeitsteilig zu arbeiten: „Es muss nicht jeder zur gleichen Zeit dasselbe machen“.

Im Spiel machen Kinder also grundlegende Erfahrungen. Sie bauen Wege und Straßen im Spiel, das sie mit Freude und Begeisterung erfüllt. Diese Straßen nutzen den Kindern dann auch im späteren Leben. Kinder, die viel, vielfältig und mit Begeisterung spielen, bauen ein differenziertes Straßennetz auf. Das ist eine sehr gute Grundlage, um konstruktiv mit weiteren Lernaufgaben und Herausforderungen umzugehen. Spielen stärkt auch die Resilienz der Kinder. Ein Kind, das eine Meinung hat, sie vertreten kann, zuhört und aushandelt, weiß, wann es wichtig ist, sich auch mal durchzusetzen, und wann es besser ist nachzugeben, kann Kompromisse schließen, Probleme lösen und konstruktive Kritik üben und auch annehmen.

In Interaktion mit anderen Kindern machen Kinder sehr vielfältige Lern- und Bildungserfahrungen. Wichtig ist dabei trotzdem, dass jederzeit eine vertraute Bezugsperson erreichbar ist. Denn auch in Spielsituationen können Kinder an ihre Grenzen kommen, nicht weiterwissen, überfordert sein und/oder Begleitung beim Bau von konstruktiven Autobahnen benötigen. Vergessen werden darf auch nicht, dass jedes Lebensalter besondere Entwicklungsaufgaben beinhaltet, die sie „neben“ den Spiel- und den Gruppensituationen noch bewältigen. Diese stellen immer wieder auch große Herausforderungen dar.

Natürlich lernen Kinder auch in anderen Kita- und Alltagssituationen. Das Lernen durch Spielen nimmt dahingehend eine besondere Rolle ein, dass Spaß und Freude im Vordergrund stehen und grundlegende Autobahnen spielerisch und mit Leichtigkeit gebaut werden. So können auch Konflikte im Spiel entspannter bewältigt werden und Kompetenzen, wie Konfliktlösestrategien, Kooperation und Problemlösefähigkeiten, sehr effektiv aufgebaut werden.

Was für Kinder gilt, gilt auch für uns Erwachsene. Also spielen Sie doch mal wieder und bauen Sie mit Freude und Leichtigkeit an Ihren Autobahnen. Und wenn es nicht gleich zu neuen Autobahnen kommt, dann haben Sie trotzdem durch die Freude und den Spaß Ihren Stress reduziert – es lohnt sich auf jeden Fall!

Viel Spaß und Freude, nicht nur beim Spiel.

Herzliche Grüße
Ihre Kerstin Müller